Werner Seidner (59) prägt seit über drei Jahrzehnten das Romantik Hotel Oberwirt auf ganz besondere Weise.
Nach der Ausbildung 1980 hat er im Alter von 16 Jahren zum ersten Mal im Oberwirt angeheuert. Gleich im Anschluss daran arbeitete der gebürtige Sterzinger in vielen renommierten Häusern, auch im Ausland, so zum Beispiel im Bayerischen Hof in München und im berühmten Hotel Sacher in Wien. 1987 holte Sepp Waldner ihn wieder zurück in den Oberwirt, wo er seit 1989 den Posten des Küchenchefs innehat. Heute blickt Werner Seidner auf 37 Jahre Oberwirt zurück.
Das exklusive Interview mit Werner Seidner
Werner, warum bist du Koch geworden?
Das wurde mir in die Wiege gelegt. Mein Vater war schon passionierter Hobbykoch, meine Mutter kocht sowieso super. Ich habe mir von beiden viel abgeschaut. Kochen hat mir sofort Freude gemacht.
In all deinen Oberwirts-Jahren hast du deine Küche immer wieder verändert und modernisiert. Woher kommen deine Inspirationen?
Man muss die Augen offenhalten. Anregungen, neue Ideen, Weiterentwicklung holt man sich von Betrieben, in denen man gearbeitet hat, auch in den Wintermonaten und im Ausland. Junge Mitarbeiter und Kollegen bringen ebenfalls viel mit. Fachliteratur gehört natürlich auch dazu.
Deine feine Oberwirts-Küche ist regional bestimmt, hat aber auch mediterrane und internationale Anklänge. Worauf kommt es dir an?
Wir respektieren die Natur und den Lauf der Jahreszeiten. Deshalb gibt es im Herbst zum Beispiel keinen Spargel oder im Frühjahr keinen Kürbis auf der Karte. Wir bauen auf regionale Produkte und die Förderung junger Produzenten. Vor allem kommt es darauf an, dass der Gast zufrieden ist. Er darf sich alles wünschen, vom Hummer bis zum Gröstl. Meine größte Freude ist, wenn der Gast nach einem schönen Essen mit einem zufriedenen Lächeln das Restaurant verlässt.
Du sprachst von deinem 15-köpfigen Team. Du bist ein Teil davon, Trainer und Mannschaftskapitän in einer Person. Gibt es ein Erfolgsrezept für das tägliche Gelingen?
In der Küche muss Ruhe herrschen. Ich mag keine Hektik und keinen Lärm. Kollegialität und Freundschaft sind mir sehr wichtig. Niemand darf sich zu schade sein, dem anderen auszuhelfen. Jeder muss Wertschätzung erfahren, selbstverständlich auch der Abspüler. Dass unser Klima stimmt, zeigt sich auch in der Treue meiner Kollegen. Unser Patissier ist seit 32 Jahren, der Saucier seit rund 27 Jahren und meine Stellvertreter seit 14 Jahren an meiner Seite. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und ihnen allen dafür Danke sagen.
Wolltest du nie weg vom Oberwirt und neue Stationen erfahren?
Mir macht der Oberwirt viel Spaß. Manchmal habe ich fast das Gefühl, er gehöre mir (schmunzelt). Mir kommt es nicht vor, als würde ich jeden Tag arbeiten gehen, ich komme gern in den Oberwirt, selbst am freien Tag. Familie Waldner hat mir von Anfang an viel Vertrauen geschenkt, mich gefördert und unterstützt, auch privat. Ich verbinde den Oberwirt vor allem mit Sepp Waldner. Ich verdanke ihm viel.
Ein Leben als Koch ist sicher nicht einfach, auch was die Arbeitszeiten angeht. Du bist 33 Jahre verheiratet, deine Tochter ist 33 Jahre alt, dein Sohn 29. Hat dein Familienleben unter dem Beruf gelitten?
Nein. Natürlich auch weil meine Frau mich immer sehr unterstützt hat. Als unsere Kinder klein waren, habe ich die freien Stunden zwischen Mittags- und Abendgeschäft immer mit ihnen verbracht. Andere Väter kommen oft erst am Abend heim, da sind die Kinder womöglich schon im Bett. Aber natürlich waren die Wochenenden nicht frei. Doch die freien Tage unter der Woche sind bis heute immer Familientage. Heute verbringe ich diese besonders gern auch mit meiner Mutter, und meine größte Freude ist seit einigen Monaten meine kleine Enkelin Dorothea.
Was heißt für dich Glück?
Gesundheit und Zufriedenheit. Wenn man gesund ist, kann man arbeiten. Und meine Heimat Südtirol ist auch ein Glück. Wir leben da, wo viele Menschen Urlaub machen.
Bist du ein Lebenskünstler?
Ich bin vor allem ein Genuss-Mensch.
Du kochst nach dem Titel deines jüngsten Kochbuchs „einfache, aber geniale“ Gerichte. Was ist dein Lieblingsgericht?
(überlegt keine Sekunde) Wiener Schnitzel. Es muss gar nicht vom Kalb sein. Es darf auch vom glücklichen Schwein stammen. Inzwischen hat sich ein zweiter Favorit herausgestellt: Leberknödel – aber nur die meiner Mutter.